Menümobile menu

Im Gebet verbunden

Rituale und Bedeutung: Drei Religionen im Vergleich

Von Detlef Schneider

Ob für einen selbst oder für andere, gemeinsam oder allein, gesprochen oder gesungen: In allen Religionen wird gebetet. Dabei gibt es Unterschiede, etwa ob zu Gott gebetet wird, oder zu anderen heiligen Wesen. Aber auch Gemeinsamkeiten: Beten hilft, gibt Kraft und es verbindet mit anderen. Wie sieht es aus bei Buddhisten, Juden und Muslimen?

Im Gespräch mit Mohammed Naved Johari, Imam und Vorstand des Vereins Islamische Informations- und Serviceleistungen in Frankfurt, Gen Kelsang Gogden, Lehrerin am Kadampa-Meditationszentrum Frankfurt und dem Rabbiner Avichai Apel aus der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.

Islam

© privatIman Mohammed Naved JohariIman Mohammed Naved Johari

Welche verschiedenen Gebetsformen gibt es im Islam und was kennzeichnet sie?
Der Islam kennt die Form des rituellen Gebets (As-Salaah) sowie das Bittgebet (Ad-Duaa’), also den direkten Ruf des Menschen zu ALLAH. Das rituelle Gebet gehört zu den »fünf Säulen des Islam« – der islamischen Lehre nach ist es die am stärksten betonte Pflicht. Muslime beten es fünfmal täglich. Zu jedem Gebet gehört dazu, dass wir die erste Sure des Korans rezitieren. Sie gilt auch als Zusammenfassung des Korans. Das ist für uns deswegen zentral, weil der Koran für uns das Wort Gottes darstellt.

Welche Rituale sind mit dem Gebet verbunden?
Zum rituellen Gebet gehört die Ausrichtung nach Mekka. Verbunden damit sind die Körperhaltungen des demütigen Stehens, Verbeugens und auf Knien Niederwerfens, welche die Gottergebenheit in diesem Sinne auch verkörpern. Das bedeutet, dass wir die uneingeschränkte Autorität Gottes anerkennen, die auch unsere Liebe zu ihm und das Vertrauen auf ihn umfasst. Ein reiner Gebetsplatz sowie reine Gebetskleidung sind ebenso Voraussetzung für das rituelle Gebet. Dem gegenüber ist das Bittgebet fast formlos. Bei ihm erheben wir beide Handflächen, um uns die eigene Bedürftigkeit zu vergegenwärtigen.

Welche Bedeutung hat das Gebet im Islam?
Die rituelle Form des Gebets wie auch die Bittgebete begleiten Muslime alltäglich. Allah hat sich im Koran mehrere Namen gegeben, darunter »der Antwortende«, »der Hörende« und »der Beschenkende«. Durch beide Formen des Gebets hat der bedürftige Mensch in allen Lebenslagen die Möglichkeit, seine Bitten vor Gott zu bringen, beides in direkter Verbindung und ohne Vermittler zu Gott.

»Alles Lob gebührt ALLAH, Dem HERRN aller Geschöpfe,
Dem Allgnade Erweisenden, Dem Allgnädigen,
Dem Herrscher am Tage des Gerichts.
Dir allein dienen wir, und Dich allein bitten wir um Hilfe!
Leite uns recht auf den geradlinigen Weg,
den Weg derer, denen DU Wohlergehen hast zuteil werden lassen, die weder vom Zorn geplagt werden noch abgeirrt sind!«
(Auszug aus der ersten Sure des Korans)

Buddhismus

© privatLehrerin Gen Kelsang Gogden

Welche verschiedenen Gebetsformen gibt es im Buddhismus und was kennzeichnet sie?

»Der Buddhismus kennt drei verschiedene Gebetsformen: Das persönliche, nicht formale Gebet, das formale Gebet, das spirituelle Meister verfasst haben, und die Pujas. Das sind Gebete, die in Meditationsräumen oder Tempeln gemeinsam gesungen werden. Buddhisten beten immer in Gegenwart der Buddhas, also vor einem Bild oder Altar. Wir glauben, dass Gebete, die vor diesen heiligen Wesen gesprochen werden, große Kraft haben, in Erfüllung zu gehen.«

Welche Rituale sind mit dem Gebet verbunden?

»Für das Gebet sind keine festen Zeiten vorgegeben. Allerdings wird empfohlen, sich mindestens alle vier Stunden mit Gebeten an die Buddhas zu wenden. Wenn es möglich ist vor einem Altar, beten kann man allerdings überall. Während des Gebets legen wir unsere Hände respektvoll vor dem Herzen zusammen. Das erinnert uns an unser Ziel, nämlich mit Hilfe von Buddha, seiner Lehre und der Gemeinschaft von Praktizierenden unser Potenzial zum Wohle aller Lebewesen zu verwirklichen. Dieses Potenzial befindet sich im Herzen jedes Lebewesens.«

Welche Bedeutung hat das Gebet im Buddhismus?

»Beim rituellen Beten greifen wir auf Gebete früherer verwirklichter Praktizierender zurück. Diese sind für uns eine Inspiration, die wir als kraftvoll und hilfreich betrachten. Sie enthalten qualifizierte Anleitungen, wie wir unseren Geist von einer negativen Einstellung hin zu einer positiven Einstellung verändern können. Und durch das Beten schaffen wir eine Verbindung zu den spirituellen Erfahrungen aller, die dieses Gebet in der gleichen Absicht gesprochen haben. Je mehr Menschen das Gebet gemeinsam sprechen, umso kraftvoller wird es. Das Gebet ist die Voraussetzung dafür, dass das Wirklichkeit werden kann, was wir uns wünschen.«

»Da niemand auch nur das kleinste Leiden wünscht oder jemals zufrieden ist mit dem eigenen Glück, gibt es keinen Unterschied zwischen mir und anderen. Dies erkennend, erbitte ich Deine Segnungen, um voller Freude andere glücklich zu machen.« Erster Panchen Lama (Tibet, 17. Jhr.) 

Judentum

© privatRabbiner Avichai Apel

Welche verschiedenen Gebetsformen gibt es im Judentum und was kennzeichnet sie?
Wir beten dreimal täglich, nämlich das Morgen-, Mittags- und Abendgebet. Am Sabbat kommt als viertes Gebet noch das Mussaf dazu, also das Hauptgebet im jüdischen Gottesdienst. Im Mittelpunkt der drei Tagesgebete steht das Amida, das »Achtzehnbittengebet«. Darin bitten wir unter anderem um Weisheit, Gesundheit, Gerechtigkeit und Frieden.

Welche Rituale sind mit dem Gebet verbunden?
Wichtig ist, das Gebet an einer sauberen Stelle zu sprechen. Auch der Körper soll sauber und bedeckt sein. Die Kippa, die wir tragen, drückt die Ehrfurcht gegenüber Gott aus. Beim Morgengebet tragen wir einen Talit, also einen Gebetsschal, an dem die sogenannten Zizit hängen, also Fäden an jeder der vier Ecken. Sie bedecken uns nicht nur, sondern erinnern uns auch an die Gebote der Thora. Selbes tun auch die Tfilin, die Gebetsriemen. Unser Wunsch ist es, dass wir in unseren Taten und Gedanken Gottes Vorschriften folgen.

Welche Bedeutung hat das Gebet im Judentum?
Als wertvollste Form des Gebets gilt der Minjan, also das Gruppengebet mit mindestens zehn Personen, die 13 Jahre oder älter sind. Der Grund dafür ist, dass wir nicht nur für uns privat beten, sondern für alle Menschen und die gesamte Welt. Unser Wunsch ist es, mittels des Gebets die Welt zu einer besseren zu machen. Wir möchten Gott näher an die Welt und die Menschen näher an Gott bringen. Das Gebet ist außerdem eine moralische Unterstützung für die Betenden, die sie auf ihren Lebenswegen stärken soll.

»Du begnadest den Menschen mit Erkenntnis und lehrst den Menschen Einsicht, begnade uns von dir mit Erkenntnis, Einsicht und Verstand. Gelobt seist du, Ewiger, der du mit Erkenntnis begnadest!« (Auszug aus dem Achtzehnbittengebet)

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top