Weitere Gebete
Thomas Hirsch-Hüffell
Gott lächelt
Seit man wieder über Religion spricht, fragen Leute, was man damit erleben kann, z.B. wie Beten geht. - Es gibt eine einfache Übung. 5 Minuten an einem einfachen Ort reichen. Man setzt sich, sieht in eine angenehme Richtung. Den Atem gehen lassen, den Gedanken zuschauen.
Ich stelle mir vor: Gott sieht mir zu, wie ich da sitze, wie Gedanken und Gefühle in mir aufsteigen. Und er/sie/es lächelt. Nicht herablassend: kein Spott. Ruhiges, mir gewogenes Lächeln. Es geht auch nicht weg. Selbst dann nicht, als ich denke, ich möchte jetzt meinen Chef schlagen, der mich verletzt hat. Oder als ich meine bekleckerte Hose sehe und mich ärgere. Gott lächelt und bleibt bei mir.
Mein Ärger wird milder. Aber ich muss gleich los, spüre Eile…und das Lächeln dazu. Eigentlich habe ich noch Zeit. Lächeln.
Jetzt werde ich traurig und weiß nicht, warum. Lächeln auch dabei. Da weitet sich mein Herz, weil ich merke, etwas sieht mich von außen freundlich an. Alles, was sich in mir regt, ist gut angesehen. Erstaunlich. Doch es klappt, auch wenn ich weder an einen Christengott noch an die Kirche glaube. Seltsam.
Madeleine Delbrêl
Gebete
Wenn wir wirklich Freude an dir hätten, O, Herr,
könnten wir dem Bedürfnis zu tanzen nicht widerstehen
Um gut tanzen zu können
braucht man nicht zu wissen, wohin der Tanz führt.
Man muss ihm nur folgen, darauf gestimmt sein, schwerelos sein.
Und vor allem: man darf sich nicht versteifen,
sondern ganz mit dir eins sein - und lebendig pulsierend
einschwingen in den Takt des Orchesters,
den du auf uns überträgst.
Wir haben so oft die Musik deines Geistes vergessen,
wir vergessen, dass es monoton und langweilig
nur für grämliche Seelen zugeht,
die als Mauerblümchen sitzen am Rand
des fröhlichen Balls deiner Liebe.
Lehre uns, jeden Tag die Umstände
unseres Menschseins anzuziehen wie ein Ballkleid.
Gib, dass wir unser Dasein leben
nicht wie ein Schachspiel, bei dem alles berechnet ist,
nicht wie einen Lehrsatz, bei dem wir uns den Kopf zerbrechen,
sondern wie ein Fest ohne Ende,
bei dem man dir immer wieder begegnet,
wie einen Ball, wie einen Tanz,
in den Armen deiner Gnade,
zu der Musik allumfassender Liebe.
Eva Brunken
Gebet aus einem Gottesdienst in der Natur
Aus MH 127, Im Grünen, S. 64
Guter Gott, du hast uns geschaffen,
zusammen mit allem, was lebt. Danke dafür.
Hier im Wald ist so viel Lebendigkeit.
Öffne uns die Augen, damit wir all dieses Leben entdecken.
Hier draußen gibt es so viele Geräusche,
Tierstimmen und Vogelgesänge.
Halt unsere Ohren offen, damit wir sie hören und wahrnehmen. Danke für die gute Nahrung, die die Natur mit uns teilt.
Wir wollen abgeben, damit andere Menschen,
Pflanzen und Tiere gut leben können.
Gott, du liebst diese Welt,
diesen Wald mit allen Tieren und Pflanzen.
Und du liebst uns- die Menschen hier im Kreis und drumherum.
Danke für deine Liebe.
Dorothea Hillingshäuser
Herbstgebet
Aus MH 127, Im Grünen, S.138
Den Blick zum Himmel gewandt sehe ich die Blätter fallen.
Mit offenen Händen tanze ich auf sie zu,
lasse mich bewegen wie sie-vom Wind.
Mit etwas Glück fange ich eins auf.
Achtsam werde ich auf das, was mich umgibt,
was sich mir schenkt.
Nicht das Blatt in der Hand,
die Bewegungen im Blätter-Wind-Tanz machen mich glücklich.
Für Momente bin ich ganz in deiner Gegenwart, Lebendige.
Amen
Diese Seite:Download PDFTeilenDrucken